Liebe Schwestern und Brüder,
den Impuls für die adventlichen Nachrichten des Pastoralen Raumes schrieb Pfarrer i.R. Heinz Lenze.
Es ist ihm ein Anliegen, in seinem 65. Priesterjahr Ihnen zu schreiben, was für ihn wesentlich im geistlichen Leben geworden ist.
Seine Worte kommen ohne adventliche Symbolik aus und sind zugleich voller Erwartung.
Ihr Pfarrer D. Salzmann
Wie geht es Dir?
Wie geht es Ihnen?
Eine kleine Betrachtung über den Alltag unseres Lebens:
Vor 65 Jahren war meine Priesterweihe.
Ich selbst bin 92 Jahre.
Auch wenn Du noch jung bist und springen und fröhlich sein kannst- ich wünsche es Dir, doch die Zeit vergeht.
Es scheint, immer schneller.
Deine Kinder wachsen heran, hoffentlich sind sie gesund.
Wir müssen alle Krisen überstehen.
Ab 40 ändert sich manches im Leben.
Man ist gereift als Frau, als Mann.
Mit dem 80zigsten Lebensjahr oder schon eher kommen die Krankheiten.
Bei jedem anders.
Alles gehört zu unserem Reifungsprozess.
So war es auch bei mir.
Wie kann ich das alles überstehen?!
Wir haben ein körperliches Leben und ein geistig — seelisches Leben. Unser inneres Leben muss durch Freud und Leid reifen und wachsen. Nicht: „Bleib wie du bist“.
Am Ende stehen wir vor Gott wie wir geworden sind – unser Innenmensch wird eine gereifte Person.
Ich spreche oft, jetzt noch öfter, mit dem Herrn konkret über die Lage und meine Situation.
Und Du, und Ihr alle?
Ich lasse einen anderen berufenen Lehrer, Peter Wust aus Münster, zu Wort kommen.
„Und wenn Sie mich nun noch fragen sollten, bevor ich jetzt gehe und endgültig gehe, ob ich nicht einen Zauberschlüssel kenne, der einem das letzte Tor zur Weisheit des Lebens erschließen könne, dann würde ich Ihnen antworten: „Jawohl“. – Und zwar ist dieser Zauberschlüssel nicht die Reflexion, wie Sie es von einem Philosophen vielleicht erwarten möchten, sondern das Gebet.
Das Gebet, als letzte Hingabe gefaßt, macht still, macht kindlich, macht objektiv.
Ein Mensch wächst für mich in dem Maße immer tiefer hinein in den Raum der Humanität – nicht des Humanismus -, wie er zu beten imstande ist, wofern nur das rechte Beten gemeint ist.
Gebet kennzeichnet alle letzte „Humilitas“ des Geistes.
Die großen Dinge des Daseins werden nur den betenden Geistern geschenkt.
Beten lernen aber kann man am besten im Leiden.“*
Im Gottvertrauen und in der Stille liegt unsere Kraft.
Ihr Heinz Lenze, Geistlicher Rat, Pfarrer i.R.
*Peter Wust, Ein Abschiedswort. Verlag Regensberg, Münster. 12. Auflage 1991