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Zwei Mal im Jahr trägt es einer von ihnen ein kur­zes Stück durch die Hage­ner Innen­stadt.
Micha­el Jes­sen über­quert damit die Frank­fur­ter Stra­ße und läuft bis zur Hoch­stra­ße.
Anton Neu­ge­bau­er geht den Weg mit sei­ner höl­zer­nen Fracht eini­ge Mona­te spä­ter wie­der zurück.
Von Kir­che zu Kir­che, von Johan­nis nach Mari­en, von evan­ge­lisch zu katho­lisch.
Die bei­den Män­ner sind die Küs­ter in den Gemein­den in der Hage­ner Innen­stadt.
„Unse­re öku­me­ni­sche Ver­bin­dung gibt es schon lan­ge“, sagen sie.
Der Orts­wech­sel des Kreu­zes, das für den Got­tes­dienst für Unbe­dach­te gebraucht wird, ist nur ein Bei­spiel dafür.
Der Orts­wech­sel des Kreu­zes, das für den Got­tes­dienst für Unbe­dach­te gebraucht wird, ist nur ein Bei­spiel für die Ver­bun­den­heit von Anton Neu­ge­bau­er (Küs­ter St.-Marien-Kirche) und Micha­el Jes­sen (Johan­nis­kir­che).
Ein Blick zurück: Als Anton Neu­ge­bau­er vor 34 Jah­ren sei­nen Dienst als Küs­ter in der St.-Marien-Gemeinde antritt, ist Micha­el Jes­sen elf Jah­re alt.
Schon zu die­ser Zeit sind sich die bei­den immer wie­der über den Weg gelau­fen.
„Micha­el kam oft in unse­re Gemein­de­bü­che­rei und war ein bekann­tes Gesicht bei uns“, erin­nert sich Neu­ge­bau­er, der eigent­lich gelern­ter Gärt­ner ist und durch einen per­sön­li­chen Kon­takt zu sei­nem Job kam, den er heu­te als „Lebens­auf­ga­be“ bezeich­net.
Dass der Küs­ter vor Jahr­zehn­ten genau an die­sem Platz in Hagen gelan­det ist, war Zufall.
Heu­te kann er sich selbst von die­sem Ort nicht mehr weg­den­ken.
„Wenn mich jemand fragt, wo ich am liebs­ten woh­nen möch­te, dann sage ich: in Hagen natür­lich.“
Micha­el Jes­sen wächst hier in der Innen­stadt auf.
„Seit ich den­ken kann, schaue ich aus mei­nem Fens­ter auf den Mari­en-Turm“, sagt er.
Und wei­ter: „Ich war schon als Kind fas­zi­niert von Kir­chen und habe immer die Nähe gesucht“, so der 45-Jäh­ri­ge, der in der Johan­nis­kir­che getauft und kon­fir­miert wor­den ist.
„Und da ich immer schon in der Innen­stadt gewohnt habe, war ich als klei­ner Jun­ge rund um bei­de Gemein­den unter­wegs“, sagt er.
Vom Turm der Johan­nis­kir­che haben Anton Neu­ge­bau­er und Micha­el Jes­sen freie Sicht auf den Marien-Turm.

Die Johan­nis­kir­che bezeich­net er als sei­ne kirch­li­che Hei­mat.
„Mit 14 Jah­ren habe ich hier zum ers­ten Mal den Küs­ter ver­tre­ten, mit 21 Jah­ren war ich Mit­glied im Pres­by­te­ri­um und seit 2007 bin ich hier offi­zi­ell der Küs­ter.“
Durch die loka­le Nähe der bei­den Kir­chen begeg­nen sich Neu­ge­bau­er und Jes­sen auto­ma­tisch regel­mä­ßig.
Auch ihre Woh­nun­gen lie­gen nur weni­ge Geh­mi­nu­ten aus­ein­an­der.
Lebens­räu­me und Wir­kungs­stät­ten sind zugleich unmit­tel­ba­re Nach­bar­schaft.
Aber ihre Ver­bin­dung ist mehr als das.
„Die Über­zeu­gung für unse­re Auf­ga­be und unser Glau­be sind unse­re Schnitt­men­ge“, sind sich die bei­den Kol­le­gen einig.
So besu­chen sie sich gele­gent­lich gegen­sei­tig.
„Ein Höhe­punkt des Jah­res ist für mich die Fron­leich­nams­pro­zes­si­on, zu der ich immer als Gast kom­me“, erzählt Micha­el Jes­sen.
An Ostern spa­ziert Anton Neu­ge­bau­er nach der Oster­nacht noch zur Johan­nis­kir­che.
„Dann brin­ge ich das Oster­licht mit.“
Und an Hei­lig­abend wün­schen sich die bei­den Küs­ter nach geta­ner Arbeit vor der Mari­en­kir­che „Fro­he Weih­nach­ten“.
Dass sie das höl­zer­ne Kreuz für den Got­tes­dienst für Unbe­dach­te pas­send zum Ter­min hin- und her­tra­gen, „ist eine Selbst­ver­ständ­lich­keit“.
Ihre regel­mä­ßi­gen Kon­tak­te bezeich­nen die bei­den Küs­ter als öku­me­ni­sche Ges­ten, „die wir bewusst pfle­gen“, so die bei­den Män­ner, die zwar mit dem Wort Freund­schaft zurück­hal­tend sind, aber deut­lich sagen: „Wir schät­zen und wir mögen uns.“
Und irgend­wie gebe man auf­ein­an­der acht.
„Ich höre zum Bei­spiel sofort am Glo­cken­ge­läut, wenn Toni nicht da ist“, sagt sein evan­ge­li­scher Kol­le­ge.
Sie tei­len sich ein Kreuz.
Sie tei­len sich die Über­zeu­gung für ihren Beruf.
Und sie tei­len sich die tie­fe Ver­bin­dung zu ihrer Kir­che und zu ihrer Nach­bar­schaft.
„Wer uns getrennt begeg­net, wür­de wahr­schein­lich nicht den­ken, dass wir eine gro­ße Schnitt­men­ge haben“, ver­mu­tet Micha­el Jes­sen.
„Aber wenn man genau­er hin­schaut, gibt es doch viel Ver­bin­den­des“, sagt Anton Neu­ge­bau­er.
„Für uns sind die Unter­schie­de nicht so wich­tig, son­dern unse­re Gemein­sam­kei­ten“, sind sich die bei­den Küs­ter einig.

Text und Bild: Kris­ti­na Hußmann