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Es ist der 14.2.2008.
Ich sehe mich mit einer Rose an der Brü­cke zur Gesamt­schu­le Has­pe ste­hen.
Hin­ter mei­nem Rücken eine Schach­tel Pra­li­nen.
An mir zie­hen Scha­ren von Schüler:innen vor­über, teil­wei­se lachen sie mich an, teil­wei­se aus.
Ich war 18 Jah­re alt und mei­ne Freun­din ging hier in die Ober­stu­fe.
Wir stan­den kurz vor den Vor­be­rei­tun­gen auf das Abitur und waren frisch ver­liebt.
Bis zu die­sem Zeit­punkt hielt ich wenig von sol­chen Zei­chen, Blu­men und Pra­li­nen schie­nen mir doch eher Aus­druck einer über­trie­be­nen Kon­sum­spi­ra­le, in wel­che ich ein­fach nicht hin­ein­ge­zo­gen wer­den woll­te.
Aber der Lie­be wegen sind wohl schon ganz ande­re Regeln gebro­chen wor­den.
Die Freu­de mei­ner Freun­din war groß, vor allem, weil ich wohl über mei­nen Schat­ten gesprun­gen war und sie wuss­te, wie ich sonst über gesell­schaft­li­che Kon­ven­tio­nen wie Geschen­ke am Valen­tins­tag dachte.

Bis heu­te wurmt mich der Valen­tins­tag in sei­nen Aus­for­mun­gen und for­dert mich jedes Jahr aufs neue her­aus.
Ich mag es, mei­ner Frau, mei­ner Fami­lie, Freun­den und Bekann­ten eine Freu­de zu machen und mit einer klei­nen Auf­merk­sam­keit mei­ner Wert­schät­zung Aus­druck zu ver­lei­hen – aber die­ser Tag mit all sei­nen Kli­schees und infla­tio­nä­ren Lie­bes­be­kun­dun­gen?
Ich weiß nicht recht.

Ich fin­de mich heu­te 2025 in einer Welt, die vor Popu­lis­mus trieft, in der ich das Gefühl bekom­me, wenn ich mei­ne Ell­bo­gen nicht benut­ze, wer­de ich womög­lich schnel­ler abge­hängt als mir lieb ist.
In der schein­bar klei­ne Aus­ein­an­der­set­zun­gen in der Schlan­ge an der Super­markt­kas­se schnell eska­lie­ren und ich froh bin, wenn sich die Men­schen nicht prü­geln. In der Hass und Het­ze so gesell­schafts­fä­hig schei­nen, dass ich Sor­ge davor habe, wie lan­ge die Wür­de des Men­schen wohl noch unan­tast­bar bleibt.
Hel­fen da Blu­men und Pralinen?

Sie­he, ich sen­de euch wie Scha­fe mit­ten unter die Wöl­fe.“ (Lk 10,3) Ein Bild aus dem Lukas­evan­ge­li­um mit aktu­el­lem Bezug.
Als Schaf unter Wöl­fen wür­de ich wohl zuse­hen, dass ich flüch­te, wenn mir mein Leben lieb ist.
Es geht bei Jesus ganz offen­sicht­lich auch dar­um, über den eige­nen Schat­ten zu sprin­gen.
Nicht die Flucht zu ergrei­fen aber auch nicht in Wolfs­ma­nier Glei­ches mit Glei­chem zu vergelten.

Ich wer­de dar­an den­ken, wenn ich auch in die­sem Jahr wie­der vor den Blu­men und den Pra­li­nen ste­he und mich danach in der Schlan­ge an der Super­markt­kas­se wie­der­fin­de.
Und wer weiß viel­leicht gelingt es mir ja schon dort, mei­ne Mit­men­schen mit Lie­be zu überraschen.

Ihr Tho­mas Wertz, Gemeindereferent