
Pastor Peter Niestroj

Das Geschenk der Einheit
Liebe Mitchristen!
Am 3. Oktober durften wir den alljährlichen „Tag der deutschen Einheit“ begehen. Seit 32 Jahren sind wir Deutschen wieder eine geeinte Nation, zumindest äußerlich. Das innere Zusammenwachsen hat sich als mühsamer und langwieriger erwiesen. Und doch überwiegt die Dankbarkeit, dass unser Land zu seiner Einheit zurückfinden konnte. Ein Glücksfall der Geschichte und ein Beleg dafür, dass Einheit auch immer ein Geschenk ist. Denn in den Jahrzehnten vor 1990 haben die christlichen Kirchen unseres Landes unermüdlich für die Überwindung der Spaltung gebetet. Als Christen dürfen wir im Geschenk der Einheit unseres Vaterlandes auch die Erhörung dieser Gebete wahrnehmen und können auch heute noch Gott dafür danken.
Wie kostbar und gar nicht selbstverständlich Einheit ist, zeigt unsere gegenwärtige weltpolitische Lage. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine leben wir (wieder) in einer zerrissenen Welt, die sich so sehr nach Frieden sehnt, der aber ohne Einheit nicht möglich ist. Es muss zumindest ein grundsätzliches Einigsein geben in der Bereitschaft, Konflikte ohne Waffengewalt lösen zu wollen. Derzeit aber sprechen die Waffen.
In dieser zerrissenen Welt wäre es umso wichtiger, wenn die Christen ein Beispiel gelebter Einheit geben könnten. Und in der Tat gibt es schon seit vielen Jahrzehnten im ökumenischen Dialog das ernsthafte Bemühen, diese Einheit unter den Christen so weit wie möglich herzustellen. Das gelingt aber nur fragmentarisch. Zu weit gehen die Vorstellungen über das Zeugnis der Einheit auseinander. Es ist eine bleibende Aufgabe, die aber alle christlichen Konfessionen mit viel gutem Willen zu lösen versuchen. Das kann auch gar nicht anders sein, wenn wir dem Auftrag Jesu nicht untreu werden wollen, der im Gebet an seinen himmlischen Vater die Bitte formulierte. „Alle sollen eins sein“, und zwar „damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21). Die Sorge um die Einheit im christlichen Bekenntnis, ihre Bewahrung und ihre Wiederherstellung sind uns Christen damit ins Stammbuch geschrieben. Das Geschenk der Einheit, der weltpolitischen wie der kirchlichen, kann und soll nach dem Vorbild Christi auch von uns erbetet werden. Es wäre ein kraftvolles und mutmachendes Zeichen in dieser so zerrissenen Zeit!
Ihr Pastor Peter Niestroj