
Vikar Mike Hottmann
„Haltung zeigen“ — „Zeichen setzen“ …
… Das sind Redewendungen, die seit einigen Jahren immer wieder und besonders aber auch in den letzten Wochen, die Fernsehsendungen, Zeitungen und sozialen Netzwerke bestimmen – das Stichwort hier „One-Love-Binde“. Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich für die WM nicht nur sportlich viel vorgenommen, sondern wollte (oder sollte?) auch moralisch Flagge, also Haltung zeigen und ein Zeichen setzen. Kapitän Manuel Neuer trug die besagte Binde am Ende nicht. Eingeknickt, sagen viele. Warum ließ man sie sich verbieten? Weil man Sanktionen fürchtete. Disqualifikation? Wohl kaum. Gelbe Karten? Vielleicht. Geldstrafe? Ziemlich sicher. Was auch immer die Folgen gewesen wären, man hielt den Preis wohl für zu hoch. Die Botschaft, die bei den Kataris und vielen anderen in diesen Wochen letztlich ankam: Menschenrechte? Sie sind uns wichtig, aber der sportliche Erfolg, volle Gasspeicher und warme Haushalte zählen genauso viel. „Haltung zeigen“ – „Zeichen setzen“? Ja, aber nur solange es nichts kostet. Ausbaden mussten leider die Fußballspieler, was Funktionäre schon vor Jahren vermasselt haben.
In wenigen Tagen ist die WM vorbei. Weihnachten steht vor der Tür. Ein Fest der Liebe, des Lichtes und des Friedens. Der Blick in die Krippe, der Gesang von „Stille Nacht“ rührt viele Menschen auch außerhalb der Kirche an. Weihnachten ist ein stimmungsvolles Fest. Und doch: Am 2. Weihnachtstag feiert die Kirche zugleich den Hl. Stephanus, den ersten Märtyrer der Kirche. Was eine Stimmungsschwankung. Stephanus hat Haltung gezeigt, ein Zeichen gesetzt: Er hat Jesus als den gekreuzigten und in die Herrlichkeit Gottes erhobenen Messias verkündet; er hat Zeugnis abgelegt durch sein Wort und mit seinem Blut. Das Märtyrertum verbinden wir meist mit vergangenen Zeiten.
Es ist erschreckend, wie vielen Christen nicht bewusst ist, dass die Kirche des 20. und 21. Jahrhunderts in einer Zeit der Christenverfolgung lebt. Die Gleichgültigkeit allzu vieler Christen, entspricht leider exakt der Gleichgültigkeit unserer Politik und Gesellschaft. Die Intensität der Christenverfolgung hat auch im letzten Jahr weltweit zugenommen. Weltweit sind mehr als 360 Millionen Christen wegen ihres Glaubens intensiver Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. 75 % aller Menschen, die heute weltweit wegen ihrer Religion ermordet werden, sind Christen. Unsere Geschwister im Glauben werden als Unschuldige und Gewaltlose verfolgt, geächtet, in den Untergrund gedrängt, misshandelt, umgebracht… Man fragt sich: Wo sind dazu die Sondersendungen im Fernsehen? Wo sind all die jungen und alten Menschen in Kirche und Gesellschaft, die „Haltung zeigen“ und „Zeichen setzen“ für die verfolgten Christen – die Märtyrer unserer Tage? „Haltung zeigen“ und „Zeichen setzen“ – nur zur WM? Hoffentlich nicht!
Weiter ein frohes Zugehen auf Weihnachten, ein gesegnetes Fest der Geburt Jesu und Gottes Segen für 2023 wünscht Ihnen und Ihren Familien herzlich
Ihr Mike Hottmann, Vikar