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Geistlicher Impuls

Wenn die Heiligen aller Jahrhunderte zeitgleich in einem Haus hätten zusammenleben müssen, dann wäre es mit der Heiligkeit schnell vorbei gewesen!“

Lie­be Schwes­tern und Brüder!

Ich habe als Theo­lo­gie­stu­dent vor etli­chen Jah­ren nach Aller­hei­li­gen in der offe­nen Jesui­ten­kir­che St. Kla­ra in Nürn­berg die­sen Satz sinn­ge­mäß gele­sen, der mich sehr zum Schmun­zeln gebracht hat und hän­gen geblie­ben ist.

Der Pater hat — in mensch­li­chen Kate­go­rien gedacht — viel­leicht gar nicht unrecht. Ja, die Schar aller Hei­li­gen ist ein bun­tes und viel­fäl­ti­ges Pot­pour­ri an Men­schen, von denen wir heu­te nicht weni­ge als „Freaks“ bezeich­nen könn­ten. Unse­re Hei­li­ge Schrift sowie die theo­lo­gi­sche Refle­xi­on bis in unse­re Zeit lie­fern de fac­to kei­ne aus­rei­chen­den Erkennt­nis­se, um das künf­ti­ge Leben nach dem Tod ange­mes­sen zu beschrei­ben. In der Bibel sind uns Bil­der geschenkt, wie das Bild von einer über­schwäng­li­chen Fei­er der Erlös­ten, die die „Woh­nung von Gott“, das „nicht von Men­schen­hand errich­te­te ewi­ge Haus im Him­mel“ andeu­ten. Wir dür­fen durch die­se Bil­der ver­trau­en, dass es für uns und für unse­re Ver­stor­be­nen eine Zukunft jen­seits von Ver­gäng­lich­keit, Krank­heit und Tod geben kann. Die Hei­li­gen mit ihrer Chris­tus- und Men­schen­lie­be, mit ihrem Ver­trau­en und ihrer Lebens­hin­ga­be bür­gen dafür. Pau­lus nennt die­se Zukunft auch das, „was kein Auge gese­hen und kein Ohr gehört hat, was kei­nem Men­schen in den Sinn gekom­men ist“ (1 Kor 2,9).

Wie die Hei­li­gen, so hören auch wir nach dem Tod nicht ein­fach auf zu exis­tie­ren. Frei­lich fehlt uns — vom hier und jetzt her gedacht — für eine gewis­se Zeit die vol­le Kör­per­lich­keit. Das ICH des Men­schen, das mit Bewusst­sein und Wil­len aus­ge­stat­tet ist, besteht – so sagt es der Glau­be – irgend­wie wei­ter. Unser ICH ist nicht ein­fach die Sum­me irgend­wel­cher bio­che­mi­scher Pro­zes­se im Gehirn. Die kirch­li­che Tra­di­ti­on hat ver­sucht, dies mit dem Begriff der „See­le“ auszudrücken.

Wenn die Hei­li­gen aller Jahr­hun­der­te zeit­gleich in einem Haus hät­ten zusam­men­le­ben müs­sen, dann wäre es mit der Hei­lig­keit schnell vor­bei gewesen?“

Ver­mut­lich ist das so. Glück­li­cher­wei­se sagt Jesus im Johan­nes­evan­ge­li­um: „Im Haus mei­nes Vaters sind vie­le Woh­nun­gen“ (Joh 14, 1–4). Schmun­zelnd möch­te ich ergän­zen: Gott sei Dank dafür, auch mit Blick auf die unter­schied­li­chen, wider­strei­ten­den und unver­söhn­li­chen Posi­tio­nen inner­halb unse­rer deut­schen Kirche.

Ihnen und Ihren Ange­hö­ri­gen wün­sche ich von Her­zen nach­denk­li­che und hoff­nungs­vol­le Tage vor und nach Aller­hei­li­gen und Aller­see­len. Beten wir für unse­re Ver­stor­be­nen, sie beten umge­kehrt für uns. Spü­ren wir beson­ders in die­sen Tagen den Bli­cken der Lie­be aus der ande­ren Welt nach. Denn es gibt sie, die­se Bli­cke der Liebe!

Das wünscht Ihnen und sich

Ihr

Pas­tor P. W. Rehwald

 

Geistlicher Impuls

Pas­tor P.W. Rehwald