Vikar Mike Hottmann
Aus unserem menschlichen Minus macht Gott ein Plus
Liebe Schwestern und Brüder!
Vor ein paar Tagen wurde ich mal wieder gebeten ein Kreuz zu segnen. Und mir kam über die Lippen: „Das ist aber ein schönes Kreuz!“ Doch kann ein Kreuz schön sein? Ein Mord- und Folterinstrument? Das Kreuz ist für uns Christen eines der wichtigsten Symbole überhaupt. Viele Christen tragen es als Kettenanhänger um den Hals, auf Berggipfeln oder am Wegesrand ist es zu finden. Bei anderen Menschen löst der Blick auf ein Kreuz oder der Gedanke an das Kreuz aber auch ein Gefühl der Beklemmung oder der Trauer aus.
Am 14. September feiern wir als Kirche jedes Jahr das Fest der
Kreuzerhöhung. In diesem Jahr fällt es wieder auf einen Werktag und bleibt daher für viele unbeachtet. Deshalb ein paar Gedanken zu diesem doch so wichtigen Fest unseres Glaubens.
Am 13. September 335 wurde die konstantinische Basilika über dem Hl. Grab in Jerusalem eingeweiht. Der 13. September ist auch der Jahrestag der Auffindung des Kreuzes gewesen.
Am 14. September, dem Tag nach der Kirchweihe, wurde in der neuen Kirche den Gläubigen zum ersten Mal das Kreuzesholz gezeigt („erhöht“) und eine Verehrung möglich gemacht.
„Wir rühmen uns des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus. In ihm ist uns Heil geworden und Auferstehung und Leben. Durch ihn sind wir erlöst und befreit“ (Eröffnungsvers aus der Liturgie). Das Fest der Kreuzerhöhung nimmt das Kreuz und den Gekreuzigten in den Blick. Wir schauen nach Golgota und entdecken die Not, die Hilflosigkeit, den Schmerz und das Leid – wir entdecken die Kreuze, die auch unser Leben belasten. Wenn wir nach Golgota schauen, dann dürfen wir aber eben auch aufschauen zu der Hoffnung, die uns trägt. Wir dürfen aufschauen zum Hoffnungsträger Jesus Christus.
Also kann das Kreuz doch schön sein? Ich denke, JA. Denn durch Jesus ist das Kreuz für uns zu einem Zeichen der Hoffnung geworden. Zu einem Plus-zeichen. „Das Kreuz ist das Plus gewordene Minus der Welt, durch die Menschwerdung Gottes. Und darum ist das Kreuz der einzige Ort in dieser Welt, an dem Minus in Plus umqualifiziert wird, Sinnlosigkeit in Sinn, Verzweiflung in Hoffnung, Verlust in Gewinn, Tod in Leben“, predigte vor vielen Jahren mal ein deutscher Erzbischof. Jesus geht mit allen, die nach Hoffnung suchen, ausschauen und aufschauen. Oft ist das Kreuz unausweichlich in unserem menschlichen Leben. Mit Jesus an unserer Seite, mit der Hoffnung, die uns trägt, ist es aber weniger vernichtend, zerstörend, vielleicht sogar erträglicher. Denken wir vielleicht das nächste Mal daran, wenn wir das Kreuzzeichen machen: Aus unserem menschlichen Minus macht Gott, durch seinen Sohn, ein Plus.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!
Ihr Vikar Mike Hottmann