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Fernstehen

Das Wort „fern­ste­hen“ – Getrennt- oder Zusam­men­schrei­bung – mehr woll­te ich im Duden, bzw. des­sen Inter­net­sei­te,  nicht nach­schau­en, als ich als Hin­weis für die Bedeu­tung des Wor­tes („kei­ne inne­re Bezie­hung haben“) das Bei­spiel lesen muss­te: „der Kir­che fern­ste­hen­de Per­so­nen“. Die kor­rek­te Recht­schrei­bung trat für mich in den Hin­ter­grund, war ich doch erstaunt, dass als all­ge­mein ver­ständ­li­ches Bei­spiel für „fern­ste­hen“ die Kir­che gewählt wur­de. Nicht – neh­me ich an – aus irgend­ei­ner Kir­chen- oder Reli­gi­ons­feind­lich­keit der Duden-Redak­ti­on her­aus, son­dern weil man der Mei­nung war, dass die Kir­che von den meis­ten mit „kei­ne inne­ren Bezie­hung haben“ in Ver­bin­dung gebracht wird. Wie kann das sein bei einer Insti­tu­ti­on, der immer noch die Hälf­te der Bevöl­ke­rung angehört?

Fast gleich­zei­tig las ich die neu­es­ten sta­tis­ti­schen Daten der bei­den gro­ßen Kir­chen und die Empö­rung wich der Ernüch­te­rung. So errei­chen die Kir­chen­aus­tritts­zah­len immer neue trau­ri­ge Rekor­de, die Anzahl der Got­tes­dienst­be­su­cher dage­gen trau­ri­ge Minus-Rekor­de. Auch wenn immer noch mehr Chris­ten am Wochen­en­de einen Got­tes­dienst besu­chen als Fans ein Fuß­ball­spiel, so darf die­ses beschwich­ti­gen­de Argu­ment nicht über den dra­ma­ti­schen Glau­bens­ver­lust hin­weg­täu­schen. Das wird beson­ders an den Lebens­wen­den deut­lich, die bis­her als die „Punk­te“ gal­ten (und auch noch mit einer gewis­sen Berech­ti­gung gel­ten), an denen die Kir­che mit den soge­nann­ten „Fern­ste­hen­den“ in Berüh­rung kommt. Doch inner­halb der letz­ten zwan­zig Jah­re ist in der katho­li­schen Kir­che die Zahl der Tau­fen um vier­zig Pro­zent und die Zahl der kirch­li­chen Ehe­schlie­ßun­gen um sech­zig Pro­zent gesun­ken; auch die Zahl kirch­li­cher Beer­di­gun­gen sinkt.

Was ist zu tun? Patent­lö­sun­gen gibt es nicht. Der Syn­oda­le Weg – so wich­tig ich ihn fin­de – wird nicht aus­rei­chen, selbst wenn man sich am Ende mit Rom auf ein von allen akzep­tier­tes Ergeb­nis eini­gen kann.

Ein Schlüs­sel wird in den Gemein­den lie­gen. Wie Gemein­schaft in ihnen erfahr­bar ist, wie offen Gemein­den für Fern­ste­hen­de sind, wie ein­la­dend die Got­tes­diens­te sind, wie die Lebens­wen­den fei­ernd nicht nur vom Pries­ter beglei­tet wer­den, hat gro­ße Bedeu­tung dafür, wie attrak­tiv oder eben auch unat­trak­tiv Kir­che und Glau­ben erlebt wer­den. Ein Umstand, der gro­ße Ver­ant­wor­tung bedeu­tet, aber auch Mut machen kann, vor Ort neue Wege zu gehen.

Ihr
Chris­toph Schnei­der, Pastor